Beim Immobilienkauf geht es nicht nur um den Preis oder die Lage. Ein versteckter Mangel kann später Tausende Euro kosten - und wenn du nicht weißt, wie du dich rechtlich schützen kannst, verlierst du deine Ansprüche schneller, als du denkst. Die Sachmängelhaftung ist dein wichtigstes Werkzeug, wenn die Immobilie nicht so ist, wie sie versprochen wurde. Aber wer muss beweisen, dass etwas kaputt ist? Und wie lange hast du Zeit, etwas zu tun, bevor du nichts mehr machen kannst? Diese Fragen entscheiden darüber, ob du Recht bekommst - oder leer ausgehst.

Was gilt als Sachmangel?

Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Immobilie nicht so ist, wie im Vertrag beschrieben. Das kann alles sein: eine undichte Dachrinne, ein falscher Energieausweis, eine nicht genehmigte Wand, die den statischen Belastungen nicht standhält, oder ein Keller, der nach Feuchtigkeit stinkt. Laut § 434 BGB ist ein Mangel auch dann gegeben, wenn die Immobilie nicht für den Zweck geeignet ist, den du mit dem Kauf verfolgst - etwa wenn du eine Wohnung als Ferienhaus kaufst, aber sie im Winter nicht beheizt werden kann.

Typische Beispiele aus der Praxis: Ein Verkäufer hat die Feuchtigkeit im Keller mit Farbe überstrichen, um sie zu verstecken. Ein Energieausweis wurde ausgestellt, obwohl die Heizung nicht mehr funktioniert. Oder ein Dachboden wurde als Wohnraum ausgewiesen, obwohl er nicht den gesetzlichen Mindesthöhen entspricht. All das sind Sachmängel - und du hast Anspruch auf Abhilfe.

Wichtig: Es geht nicht um normale Abnutzung. Eine abgenutzte Fußbodenfliese nach zehn Jahren ist kein Mangel. Aber wenn die Fliesen locker sind, weil der Untergrund feucht ist - das ist ein Mangel. Der Bundesgerichtshof hat 2022 klargestellt: Der Käufer muss zeigen, dass der Schaden schon beim Kauf da war und nicht durch seine eigene Nutzung entstanden ist.

Wer muss beweisen, dass ein Mangel vorliegt?

Die Beweislast liegt beim Käufer. Das ist der größte Fallstrick. Du musst nachweisen: Der Mangel war da, als du den Vertrag unterschrieben hast. Und er war nicht erkennbar, wenn du die Wohnung ordentlich besichtigt hast. Ein einfaches Foto von einem Riss reicht nicht. Du brauchst ein Gutachten.

Ein sachverständiges Gutachten muss mindestens drei unabhängige Bewertungskriterien enthalten: den Zustand des Schadens, den Zeitpunkt seines Entstehens und den Zusammenhang mit der Bauweise oder den verwendeten Materialien. Die Deutsche Gesellschaft für Gutachterwesen und Sachverstand (DGS) hat das 2023 festgelegt. Ein Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen kostet zwischen 400 und 1.200 Euro - aber es ist die beste Investition, die du vor dem Kauf machen kannst.

Was viele nicht wissen: Wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat - etwa weil er vorher schon eine Sanierung gegen Feuchtigkeit durchgeführt hat, aber nicht davon erzählt - dann dreht sich die Beweislast. Dann muss der Verkäufer beweisen, dass er nichts gewusst hat. Aber: Nur 37,8 Prozent der Käufer können das nachweisen, wie eine Studie der Universität München zeigt. Arglist ist schwer zu beweisen - aber wenn du es schaffst, ist dein Anspruch stark.

Wie lange hast du Zeit - die Verjährungsfristen erklärt

Die Zeit läuft. Und zwar schnell. Bei Sachmängeln hast du fünf Jahre ab der Übergabe der Immobilie Zeit, um Ansprüche geltend zu machen. Das ist die Regel nach § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Frist beginnt mit der Schlüsselübergabe - nicht mit dem Tag, an dem du den Kaufvertrag unterschrieben hast.

Rechtsmängel, wie ein nicht offengelegtes Mietverhältnis oder ein Nießbrauchsrecht, verjähren erst nach 30 Jahren. Aber das ist keine Entwarnung: Rechtsmängel sind selten, und wenn sie auftreten, sind sie oft schwer zu beheben.

Es gibt aber eine wichtige Ausnahme: Wenn der Verkäufer arglistig einen Mangel verschwiegen hat, verlängert sich die Frist auf zehn Jahre. Das hat das Oberlandesgericht Hamm im Februar 2024 bestätigt. Das ist dein Rettungsanker - aber nur, wenn du die Arglist nachweisen kannst.

Ein weiterer Fall: Ein falscher oder fehlender Energieausweis. Seit 2020 ist das ein klarer Sachmangel. Der BGH hat das im Februar 2023 entschieden. Der Nachweis ist einfach - du brauchst nur den Ausweis zu prüfen. Und die Erfolgsquote bei Klagen wegen falscher Energieausweise liegt bei 76,8 Prozent. Das ist eine der besten Chancen, die du hast.

Käufer präsentiert Gutachten vor Gericht, während ein Uhr mit '5 Jahre' und ein fehlender Energieausweis sichtbar sind.

Was passiert, wenn du zu lange wartest?

Wenn du die Frist verpasst, ist dein Anspruch weg - für immer. Keine Rücksichtnahme, kein Nachsehen. Deshalb ist es entscheidend, rechtzeitig zu handeln.

Du kannst die Verjährung aber unterbrechen. Laut § 203 BGB wird sie unterbrochen, wenn du den Verkäufer schriftlich auf den Mangel ansprichst. Das muss konkret sein: „Ich beantrage die Behebung des Feuchtigkeitsschadens im Kellergeschoss, der laut Gutachten vom 12. März 2025 bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestand.“

Ein simples „Da ist was kaputt“ reicht nicht. Der BGH hat 2023 klargestellt: Die Mängelrüge muss schriftlich, mit konkreter Beschreibung und Datum erfolgen. Eine E-Mail reicht - aber nur, wenn du sie auch nachweisen kannst. Am besten per Einschreiben mit Rückschein.

Wenn du die Frist unterbrichst, beginnt die fünfjährige Frist von vorne. Das gibt dir nochmal fünf Jahre - aber nur, wenn du es richtig machst. Viele Käufer scheitern, weil sie warten, bis der Winter kommt, oder bis der Verkäufer sich meldet. Das ist ein Fehler.

Was du vor dem Kauf tun solltest

Die beste Vorsorge ist eine gründliche Besichtigung - und eine detaillierte Dokumentation. Mach Fotos und Videos von allem: vom Dachboden bis zum Keller, von den Fenstern bis zur Heizung. Nimm den Zeitstempel und den Ort auf. Das ist kein Luxus - das ist Beweismaterial. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat 2023 bestätigt: Solche Aufnahmen sind vor Gericht zulässig, wenn sie klar datiert und lokalisiert sind.

Ein weiterer Tipp: Hole dir mindestens drei unabhängige Gutachten vor dem Kauf. Die Verbraucherzentrale empfiehlt das. Ein Gutachter kann dir sagen, ob die Heizung noch funktioniert, ob die Dämmung ausreicht, ob die Balken belastet sind. Und er kann dir sagen, ob ein Mangel neu oder alt ist.

Und vor allem: Lies den Vertrag. Viele Verkäufer versuchen, die Sachmängelhaftung auszuschließen. Das ist erlaubt - aber nur, wenn es sich um eine gebrauchte Immobilie von einem Privatverkäufer handelt. Und selbst dann: Arglist hebt den Ausschluss auf. Wenn du unsicher bist, lass den Vertrag von einem Fachanwalt prüfen. Einmal 300 Euro ausgeben - und du vermeidest 50.000 Euro Schaden.

Hausförmige Uhr mit rechtlichen Fristen tickt, während ein Schlüssel in einen Briefkasten fällt und ein Gutachten eingeht.

Was passiert, wenn du den Mangel nachweist?

Wenn du den Mangel beweist, hast du mehrere Möglichkeiten:

  • Preisminderung: Der häufigste Weg. Du behältst die Immobilie, bekommst aber weniger Geld zurück. In 68,4 Prozent der erfolgreichen Fälle wird das beantragt.
  • Schadensersatz: Wenn du schon etwas repariert hast, kannst du die Kosten erstatten. Das passiert in 24,1 Prozent der Fälle.
  • Rücktritt vom Vertrag: Nur in 7,5 Prozent der Fälle - aber nur, wenn der Mangel so schwerwiegend ist, dass du die Immobilie nicht mehr nutzen kannst.

Die Erfolgsquote ist hoch, wenn du den Mangel nachweisen kannst. Bei arglistig verschwiegenen Fällen liegt sie bei 89,3 Prozent. Das ist fast eine Garantie - wenn du die Beweislage hast.

Warum scheitern so viele Klagen?

68,5 Prozent der Mängelklagen scheitern - nicht wegen des Gesetzes, sondern wegen der Käufer. Die häufigsten Fehler:

  • 42,3 Prozent: Unvollständige Dokumentation. Keine Fotos, kein Gutachten, keine schriftliche Rüge.
  • 31,7 Prozent: Zu späte Mängelrüge. Sie warten, bis der Winter vorbei ist - und dann ist die Frist abgelaufen.
  • 26,5 Prozent: Unzureichende Gutachten. Ein Bekannter, der mal ein Haus gebaut hat, reicht nicht. Es muss ein zertifizierter Sachverständiger sein.

Die Lösung ist einfach: Dokumentiere. Rüge schriftlich. Hol dir ein echtes Gutachten. Und handle schnell - nicht, wenn du Lust hast, sondern wenn du den Mangel findest.

Was ist mit Schönheitsreparaturen?

Einige Verkäufer setzen in Verträgen Klauseln, die den Käufer zur Reparatur von „Schönheitsmängeln“ verpflichten - etwa abgenutzte Tapeten, abgeplatzte Farbe oder kaputte Türgriffe. Der BGH hat 2022 entschieden: Diese Klauseln sind unwirksam, wenn sie pauschal alle kosmetischen Mängel auf den Käufer abwälzen.

Jetzt muss der Verkäufer beweisen, dass der Schaden nicht auf normale Abnutzung zurückzuführen ist. Das ist eine Umkehr der Beweislast - und das ist dein Vorteil. Wenn die Tapete abgeht, weil die Wand feucht ist, ist das kein Schönheitsmangel. Das ist ein Sachmangel. Und das kannst du nutzen.

Wie lange habe ich Zeit, um einen Sachmangel geltend zu machen?

Bei Sachmängeln hast du fünf Jahre ab der Übergabe der Immobilie Zeit. Die Frist beginnt mit der Schlüsselübergabe. Wenn der Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, verlängert sich die Frist auf zehn Jahre.

Wer trägt die Beweislast bei einem Mangel?

Grundsätzlich trägt der Käufer die Beweislast. Er muss nachweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Kaufs bestand und nicht durch seine eigene Nutzung entstanden ist. Wenn der Verkäufer arglistig einen Mangel verschwiegen hat, dreht sich die Beweislast - dann muss der Verkäufer beweisen, dass er nichts gewusst hat.

Ist ein fehlender Energieausweis ein Sachmangel?

Ja. Ein fehlender oder falscher Energieausweis ist ein klarer Sachmangel, wie der Bundesgerichtshof 2023 entschieden hat. Der Nachweis ist einfach - du brauchst nur den Ausweis zu prüfen. Die Erfolgsquote bei solchen Klagen liegt bei 76,8 Prozent.

Was ist eine Mängelrüge und wie muss sie aussehen?

Eine Mängelrüge ist eine schriftliche Mitteilung an den Verkäufer, in der du einen Mangel konkret beschreibst und um Abhilfe bittest. Sie muss Datum, Beschreibung des Mangels und den Verweis auf den Kaufvertrag enthalten. Eine E-Mail reicht, aber nur, wenn du sie nachweisen kannst. Am besten per Einschreiben mit Rückschein.

Kann ich die Verjährungsfrist verlängern?

Ja. Wenn du rechtzeitig eine wirksame Mängelrüge sendest, wird die Verjährung unterbrochen. Die Frist beginnt dann neu - fünf Jahre ab dem Tag der Rüge. Das ist dein wichtigster Hebel, um deine Rechte zu sichern.

Beim Immobilienkauf ist Wissen Macht. Wer die Fristen kennt, wer weiß, wie man beweist, und wer rechtzeitig handelt, der bleibt auf der sicheren Seite. Wer wartet, bis der Schaden größer wird, der verliert - und das ist kein Risiko, das du eingehen solltest.