Beim Immobilienkauf denken die meisten nur an den Kaufpreis. Doch wer ein älteres Haus oder eine alte Wohnung kauft, sollte sich auf eine überraschende Wahrheit einstellen: Der eigentliche Kaufpreis ist oft nur die Spitze des Eisbergs. Die wahren Kosten kommen erst danach - und die sind oft viel höher, als man denkt. Sanierungsnebenkosten sind der große unsichtbare Faktor, der viele Käufer in finanzielle Schwierigkeiten bringt. Wer nicht vorher genau weiß, was auf ihn zukommt, riskiert nicht nur den eigenen Haushalt, sondern auch die gesamte Investition.

Was sind Sanierungsnebenkosten wirklich?

Sanierungsnebenkosten sind all die Ausgaben, die nach dem Kauf einer Immobilie anfallen, um sie bewohnbar, sicher oder energieeffizient zu machen. Es geht nicht nur um neue Fenster oder eine neue Heizung. Dazu gehören auch Gerüste, Abfallentsorgung, Baustrom, temporäre Unterkunft, Baugenehmigungen, Gutachten und sogar die Kosten für einen Bausachverständigen. Viele davon sind nicht im Angebot des Handwerkers enthalten, sondern kommen als zusätzliche Posten auf die Rechnung. Sie sind nicht optional - sie sind unvermeidlich, wenn das Gebäude älter als 20 Jahre ist.

Ein Beispiel: Sie kaufen ein Haus mit alten Holzfenstern. Der Handwerker bietet Ihnen einen Preis für den Austausch von 15 Fenstern. Doch wer zahlt das Gerüst? Wer bezahlt die Entsorgung der alten Fenster? Wer deckt die Kosten für den Baustrom, wenn die alte Elektroinstallation nicht mehr ausreicht? Diese Kosten summieren sich schnell auf 5.000 bis 15.000 Euro - und sind oft nicht im Vertrag festgehalten.

Wie hoch sind die typischen Kosten?

Die Kosten variieren stark - je nach Zustand, Größe und Art der Sanierung. Aber es gibt klare Richtwerte, die helfen, realistisch zu planen.

  • Dachsanierung: 20.000 - 60.000 €
  • Fassadendämmung: 50.000 - 150.000 € (50-250 € pro m²)
  • Fenster- und Türentausch: 10.000 - 40.000 € (500-800 € pro Fenster, 2.000-8.000 € für Eingangstür)
  • Heizungsmodernisierung: 20.000 - 50.000 €
  • Elektroinstallation: 10.000 - 30.000 € (70-170 € pro m²)
  • Neues Bad: 5.000 - 15.000 € pro Bad
  • Trockenlegung bei Feuchtigkeit: 300-500 € pro m²

Ein Haus von 100 Quadratmetern kann bei einer kompletten Sanierung zwischen 60.000 und 160.000 Euro kosten - und bei einer Kernsanierung mit hochwertigen Materialien sogar bis zu 250.000 Euro. Das ist kein Ausnahmefall. In München und anderen Großstädten sind die Preise oft noch höher, weil die Arbeitskosten und Materiallieferzeiten steigen.

Warum unterschätzen Menschen die Kosten so oft?

Weil sie nur das sehen, was sichtbar ist. Ein kaputtes Dach? Ja, das merkt man. Aber versteckter Schimmel hinter der Tapete? Ein veralteter Stromkasten, der nicht mehr den heutigen Sicherheitsstandards entspricht? Eine undichte Dachrinne, die den Keller nass macht? Das sieht man nicht. Und genau diese versteckten Schäden sind die größten Kostenfallen.

Ein Nutzer aus Frankfurt berichtete auf einem Immobilienforum, dass er für seine 120 m² Wohnung 180.000 € Sanierungskosten veranschlagt hatte. Nach dem Einzug stellte sich heraus: 252.000 € waren nötig. Eine Überschreitung von 40 %. Warum? Weil er den Keller nicht untersuchen ließ. Die Feuchtigkeitsschäden kosteten allein 30.000 €. Ein weiterer Käufer in Berlin hatte nach dem Kauf eine alte Elektroinstallation, die nicht mehr genehmigungsfähig war. Die Neuausstattung kostete 28.000 € - und war nicht in der Kaufverhandlung erwähnt worden.

Die häufigsten Fehler:

  • Keine Vorabinspektion durch einen unabhängigen Bausachverständigen
  • Annahme, dass der Verkäufer alle Mängel kennt und sie offenlegt
  • Vertrauen in mündliche Zusagen von Maklern oder Verkäufern
  • Ignorieren von Altbau-Spezifika wie fehlender Wärmedämmung oder Asbest
Schreibtisch mit Kaufvertrag, Sanierungskosten und Warnhinweis auf Sanierungsreserve, Vergrößerungsglas auf Schimmelfleck.

Wie viel Geld sollten Sie reservieren?

Es gibt eine einfache Faustregel, die in der Praxis funktioniert: Planen Sie mindestens 10-20 % des Kaufpreises als Sanierungsreserve ein. Bei sehr alten Gebäuden - vor 1970 gebaut - sollten Sie bis zu 30 % einplanen.

Beispiel: Sie kaufen eine Wohnung für 400.000 €. Dann sollten Sie mindestens 40.000-80.000 € für Sanierungen zur Seite legen. Das ist nicht übertrieben. Es ist realistisch.

Dazu kommen noch die Kaufnebenkosten. Diese sind nicht Teil der Sanierung, aber sie gehören genauso zur Gesamtfinanzierung:

  • Grunderwerbsteuer: 3,5-6,5 % des Kaufpreises
  • Notar- und Grundbuchkosten: 1,5-2 %
  • Maklergebühren: 3-7 %

Bei einem Kaufpreis von 400.000 € addieren sich die Kaufnebenkosten auf etwa 50.000-60.000 €. Zusammen mit den Sanierungsreserven von 40.000-80.000 € bedeutet das: Sie brauchen mindestens 490.000-540.000 €, um diese Wohnung wirklich zu besitzen - nicht nur zu kaufen.

Wie schützen Sie sich vor unerwarteten Kosten?

Die beste Investition, die Sie vor dem Kauf machen können, ist eine Vorabinspektion durch einen unabhängigen Bausachverständigen. Kosten: 500-1.500 €, je nach Größe des Objekts. Das klingt viel - aber es spart Ihnen oft 20.000-50.000 €.

Eine echte Inspektion prüft:

  • Feuchtigkeit im Mauerwerk und Keller
  • Zustand der Dachkonstruktion und Dachdeckung
  • Alter und Sicherheit der Elektroinstallation
  • Vorhandensein von Asbest, Schimmel oder Schadstoffen
  • Tragfähigkeit der Bodenplatte und Fundamente
  • Wärmedämmung und Luftdichtigkeit

Ein Käufer aus Nürnberg ließ sein 1950er Haus untersuchen. Der Sachverständige fand eine undichte Dachrinne, die den gesamten Außenputz beschädigt hatte - und eine veraltete Heizungsanlage, die nicht mehr genehmigungsfähig war. Ohne die Inspektion hätte er 27.000 € mehr ausgegeben. Die 800 € für den Sachverständigen waren die beste Investition seines Lebens.

Gespaltenes Haus: linke Seite verfallen, rechte Seite modernisiert, KfW-Förderung leuchtet oben, Münzpfad verbindet beide Seiten.

Wie nutzen Sie Fördermittel richtig?

Die KfW und das BAFA bieten Zuschüsse und günstige Kredite für energetische Sanierungen an. Sie können bis zu 70 % der Kosten übernehmen - aber nur, wenn Sie es richtig machen.

Wichtig:

  • Förderung gilt nur für Maßnahmen, die den Energieeffizienzstandard verbessern (z. B. Dämmung, Fenster, Heizung)
  • Sie müssen vor Beginn der Arbeiten einen Antrag stellen
  • Es gibt separate Förderungen für Einzelmaßnahmen und für die Gesamtsanierung („Energieeffizient Sanieren“)
  • Die Förderung wird oft erst nach Abschluss und Rechnungslegung ausgezahlt

Ein Käufer in Stuttgart hat seine Dach- und Fassadendämmung mit KfW-Förderung finanziert. Er bekam 38.000 € Zuschuss - das entsprach fast 60 % der Gesamtkosten. Ohne Förderung wäre die Sanierung nicht machbar gewesen.

Was ist mit Zinsen und Krediten?

Wenn Sie einen Kredit aufnehmen, um die Sanierung zu finanzieren, dann müssen Sie die Zinsen in Ihre Kalkulation einbeziehen. Die Zinsen für Immobilienkredite sind von 1,5 % im Jahr 2021 auf 3,8 % im Jahr 2025 gestiegen. Das klingt nicht viel - aber bei einem Kredit von 100.000 € über 20 Jahre macht das einen Unterschied von über 40.000 € an Zinsen.

Ein Kredit von 100.000 € bei 1,5 % Zinsen: 132.000 € Gesamtkosten

Ein Kredit von 100.000 € bei 3,8 % Zinsen: 175.000 € Gesamtkosten

Das ist kein kleiner Unterschied. Planen Sie daher immer mit höheren Zinsen als heute - denn sie werden nicht sinken.

Warum lohnt sich die Investition trotzdem?

Ja, die Kosten sind hoch. Aber eine gut sanierte Immobilie ist nicht nur komfortabler - sie ist auch wertvoller. Laut dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin steigt der Wert einer sanierten Wohnung um 15-25 % gegenüber einer unsanierten. Das bedeutet: Wenn Sie 400.000 € investieren und 100.000 € in Sanierung stecken, könnte Ihr Haus nach der Sanierung 500.000-550.000 € wert sein. Sie haben nicht nur ein besseres Zuhause - Sie haben auch ein besseres Kapital.

Und es gibt noch einen anderen Vorteil: Mit einer energieeffizienten Wohnung sparen Sie jedes Jahr Tausende an Heizkosten. Ein Haus aus den 80er Jahren verbraucht oft doppelt so viel Energie wie ein saniertes. Das macht über 10 Jahre hinweg 20.000-30.000 € aus.

Sanierungsnebenkosten sind keine Belastung - sie sind eine Investition in Ihre Zukunft. Wer sie ignoriert, kauft eine Immobilie. Wer sie plant, kauft ein Vermögen.