Was ist eine Kernsanierung wirklich?

Wenn du von einer Kernsanierung hörst, denkst du vielleicht an ein neues Dach, neue Fenster oder eine moderne Heizung. Aber das ist nur der Anfang. Eine echte Kernsanierung bedeutet: Alles raus, bis auf die Wände, die Stützen, die Decken und das Fundament. Nichts bleibt, was nicht unbedingt tragend ist. Alte Fußböden, Wände, Dämmung, Rohre, Elektrik, Fenster, Türen - alles wird entfernt. Das Haus wird so weit zurückgebaut, dass es fast wie ein Rohbau ist. Dann wird es von Grund auf neu aufgebaut - mit modernen Standards, hoher Energieeffizienz und ohne alte Mängel.

Diese Art der Sanierung ist kein kleiner Renovierungsschub. Es ist ein radikaler Neuanfang. Die Substanz des Hauses bleibt, aber alles, was drin ist, wird ersetzt. Das Ziel? Ein Haus, das so gut wie neu ist - aber mit dem Charakter und der Struktur des alten Gebäudes. Kein Neubau, aber auch kein altes Haus mit neuen Tapeten.

Wann lohnt sich eine Kernsanierung?

Nicht jedes alte Haus braucht eine Kernsanierung. Wenn nur die Heizung kaputt ist oder die Fenster undicht, reicht eine Teilsanierung. Aber wenn du folgende Probleme hast, ist eine Kernsanierung die einzige sinnvolle Lösung:

  • Das Haus wurde vor 1977 gebaut - ohne Wärmeschutzverordnung, mit dicken Ziegelwänden, die kaum gedämmt sind.
  • Es gibt massiven Schimmelpilz im Mauerwerk, der von innen her wächst.
  • Die Dachkonstruktion ist verrottet, die Dachbalken sind faul, das Dach ist undicht.
  • Die Rohre aus Blei oder Asbestzement sind noch drin - und du willst sie endlich loswerden.
  • Das Haus ist denkmalgeschützt, aber in einem schlechten Zustand. Nur eine Kernsanierung bewahrt die Fassade und den Charakter, ohne die Substanz zu gefährden.

Wenn du mehr als 70 % der Gebäudehülle erneuern müsstest, dann ist eine Kernsanierung wirtschaftlich sinnvoll. Das sagt auch das Deutsche Energieberater-Netzwerk. Warum? Weil du dann alle Maßnahmen zusammen planen kannst - Dämmung, Fenster, Heizung, Lüftung - und dadurch Kosten sparen. Einzelne Maßnahmen hintereinander zu machen, ist teurer und ineffizienter.

Was wird bei einer Kernsanierung genau erneuert?

Es ist kein Geheimnis: Eine Kernsanierung ist eine riesige Baustelle. Hier ist, was wirklich passiert:

  • Bodenplatte: Wenn die Fundamente nicht mehr stabil sind, wird die gesamte Bodenplatte neu gegossen. Das ist teuer, aber nötig, wenn Feuchtigkeit von unten kommt.
  • Dämmung: Alle Außenwände werden von innen oder außen gedämmt - je nach Denkmalschutz. Die Dämmstärke liegt heute bei 20 bis 30 cm. Das ist kein Luxus, das ist Standard.
  • Dach: Das alte Dach wird komplett abgetragen. Neue Sparren, neue Dachdeckung, neue Dachdämmung. Ein neues Dach ist oft die teuerste Einzelmaßnahme.
  • Fassade: Bei denkmalgeschützten Häusern bleibt die Fassade erhalten, aber innen wird alles neu gedämmt. Bei nicht geschützten Häusern wird die Fassade komplett neu verputzt oder verkleidet.
  • Fenster und Türen: Alte Holzfenster mit Einzelfachverglasung? Weg. Neue Dreifachverglasung mit Wärmeschutzverglasung, mit Holz-Alu oder Kunststoffrahmen. Türen werden nach Maß eingebaut - inklusive Dichtungen, die Luftlecks verhindern.
  • Heizung: Heizöl oder Gas? Vergessen. Heute ist es eine Luft-Wasser-Wärmepumpe (8-12 kW) oder eine Pelletheizung (15-25 kW). Beides arbeitet mit erneuerbarer Energie.
  • Solaranlage: Fast immer kommt eine Photovoltaik-Anlage mit 5-10 kWp dazu. Manche bauen auch Solarthermie für Warmwasser ein. Die KfW fördert das mit bis zu 25 % Zuschuss, wenn das Haus den Effizienzhausstandard 40 erreicht.
  • Elektrik und Lüftung: Alte Kabel? Raus. Neue Leitungen in der Wand? Rein. Eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung ist Pflicht - sonst wird es feucht und schimmelig.
  • Rohre: Alle Wasser-, Abwasser- und Heizungsleitungen werden neu verlegt. Kein Blei, kein Asbest, kein verrostetes Kupfer.

Das ist kein Katalog, das ist der Standard. Jedes dieser Gewerke wird von spezialisierten Handwerkern gemacht - und alle müssen perfekt aufeinander abgestimmt sein.

Querschnittansicht eines sanierten Hauses mit moderner Dämmung, Fenstern und Solaranlage über alten Schadstoffen.

Wie lange dauert eine Kernsanierung?

Keine Schnellsanierung. Eine Kernsanierung dauert zwischen 27 und 52 Wochen - also 6 bis 12 Monate. Das ist keine Ausnahme, das ist die Regel.

  1. Vorbereitung (6-12 Wochen): Bestandsaufnahme, Gutachten, Planung, Fördermittelantrag, Baugenehmigung. Hier läuft oft alles schief, wenn du zu spät anfängst.
  2. Rohbau und Entkernung (2-4 Wochen): Alles raus. Möbel, Wände, Böden, Decken. Die Baustelle sieht aus wie ein Kriegsgebiet.
  3. Dach und Fassade (3-6 Wochen): Dachdeckung, Dämmung, Außenwände, Fensteröffnungen.
  4. Heizung, Wasser, Elektrik (4-8 Wochen): Rohre verlegen, Leitungen einbauen, Heizung installieren, Lüftung anschließen.
  5. Innenarbeiten (6-12 Wochen): Trockenbau, Wände verputzen, Boden vorbereiten, Fenster einsetzen.
  6. Endausbau (2-4 Wochen): Türen, Fliesen, Sanitäranlagen, Böden, Farbe, Licht.
  7. Abnahme und Übergabe (3-5 Wochen): Mängelliste, Feinabstimmung, Endkontrolle, Schlüsselübergabe.

Und das ist nur der Plan. In der Realität kommen fast immer unvorhergesehene Schäden dazu - Schimmel im Mauerwerk, verrottete Balken, versteckte Asbestplatten. Das verlängert die Zeit um durchschnittlich 8 Wochen, wie Bauherren auf Reddit berichten.

Kosten: Was kostet eine Kernsanierung?

Die Kosten liegen zwischen 1.500 und 3.000 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Ein 120 m²-Einfamilienhaus kostet also zwischen 180.000 und 360.000 Euro. Das klingt nach viel - und ist es auch. Aber hier ist der Trick: Das ist nicht der Preis für ein Haus. Das ist der Preis für ein neues Haus - mit 30 Jahren Lebensdauer und niedrigen Betriebskosten.

Die größten Kostenblöcke sind:

  • Dach: 15-20 % der Gesamtkosten
  • Wärmedämmung und Fassade: 12-18 %
  • Heizung und Lüftung: 10-15 %
  • Fenster: 8-12 %
  • Elektrik und Rohre: 10-14 %
  • Innenausbau: 20-25 %

Und das ist nur der Anfang. Viele Bauherren rechnen mit 20-35 % mehr Kosten, weil versteckte Schäden auftauchen. Ein Hausbesitzer aus München berichtet: „Wir dachten, 220.000 Euro reichen. Am Ende waren es 310.000 Euro - weil der Boden unter der Küche komplett durchgeweicht war.“

Glücklicherweise gibt es Fördermittel. Die KfW zahlt bis zu 60.000 Euro Zuschuss pro Wohneinheit - und das bei einem Effizienzhaus 40. Das sind bis zu 25 % der Kosten. Dazu kommen steuerliche Abschreibungen von 20 % über 10 Jahre. Die Netto-Kosten sinken also deutlich.

Wer profitiert von einer Kernsanierung?

Nicht jeder sollte eine Kernsanierung machen. Aber für diese Gruppen ist sie die beste Wahl:

  • Eigentümer von Altbauten vor 1977: Die meisten haben keine Dämmung, alte Heizungen und undichte Fenster. Eine Kernsanierung macht aus einem Energieverschwender ein Effizienzhaus.
  • Denkmalschutz-Häuser: Die Fassade bleibt, aber innen wird alles modern. Nur so bleibt das Haus bewohnbar - und die Substanz erhalten.
  • Investoren mit Mehrfamilienhäusern: Eine Kernsanierung erhöht den Mietwert um 20-40 %. Mieter zahlen mehr - und du sparst langfristig bei Heizkosten und Instandhaltung.
  • Lebenslang-Wohner: Wer sein Haus bis ins Alter bewohnen will, braucht barrierefreie Bäder, moderne Heizung, sichere Elektrik. Eine Kernsanierung ist die einzige Chance, das richtig zu machen.

Wer hingegen nur ein paar Jahre im Haus bleiben will, sollte lieber eine Teilsanierung machen. Eine Kernsanierung lohnt sich erst nach 10-15 Jahren - wenn die Energiekosten sinken und der Wert steigt.

Vorher-Nachher-Vergleich: verfallenes Haus links, modernisiertes Zuhause rechts mit grünen Pflanzen als Symbol für Erneuerung.

Was sind die größten Risiken?

Die größte Gefahr ist nicht die Baustelle. Die größte Gefahr ist die Planung.

  • Unzureichende Bestandsaufnahme: Wenn du nicht weißt, was hinter der Wand steckt, wirst du überrascht. Ein zertifizierter Gutachter kostet 800-2.500 Euro - aber er spart dir 50.000 Euro.
  • Fehlende Koordination: 63 % der Bauherren erleben Verzögerungen, weil ein Gewerk zu spät kommt. BIM-Software (Building Information Modeling) reduziert das um 42 %.
  • Kein Baubegleiter: 78 % der Bauherren beauftragen einen unabhängigen Baubegleiter. Der prüft die Qualität, kontrolliert die Rechnungen, hält den Zeitplan ein. Das kostet 5-8 % der Baukosten - aber verhindert teure Fehler.
  • Überforderung der Handwerker: Bis 2030 fehlen 300.000 qualifizierte Fachkräfte in Deutschland. Wenn du nicht früh genug buchst, wartest du 6-12 Monate auf einen Zimmermann oder Heizungsinstallateur.

Die meisten Scheitern nicht am Geld, sondern an der Planung. Wer sich auf die Baustelle vorbereitet, hat Erfolg. Wer einfach loslegt, landet in der Krise.

Was kommt nach der Kernsanierung?

Am Ende steht ein Haus, das nicht mehr an das alte erinnert - aber trotzdem sein Gesicht behält. Die Heizkosten sinken um 60-75 %. Ein Haus, das vorher 220 kWh pro Quadratmeter und Jahr verbraucht, braucht danach nur noch 45 kWh. Das sind über 1.200 Euro Ersparnis pro Jahr.

Der Wert des Hauses steigt um bis zu 40 %. Ein Haus, das vorher 300.000 Euro wert war, ist danach 420.000 Euro wert - und das, obwohl du 300.000 Euro investiert hast. Die Amortisationszeit liegt heute bei 15-25 Jahren. Bis 2030 wird sie auf 10-18 Jahre sinken, weil Energie immer teurer wird.

Und dann ist da noch der Klimafaktor: Eine Kernsanierung reduziert die CO2-Emissionen eines Hauses um durchschnittlich 68 %. Das ist kein Trend, das ist eine Notwendigkeit. Bis 2030 müssen in Deutschland 2,1 Millionen Gebäude kernsaniert werden - sonst erreichen wir die Klimaziele nicht.

Frequently Asked Questions

Ist eine Kernsanierung teurer als ein Neubau?

Ja, aber nur auf den ersten Blick. Ein Neubau kostet oft 1.800-2.500 Euro pro Quadratmeter - ähnlich wie eine Kernsanierung. Aber bei einer Kernsanierung bekommst du ein Haus mit Geschichte, mit einer Lage, die du nicht neu bauen kannst. Außerdem sparst du die Kosten für Grundstückskauf, Erschließung und Baugenehmigung. In vielen Fällen ist eine Kernsanierung sogar günstiger als ein Neubau auf einem teuren Grundstück.

Kann man während der Kernsanierung im Haus wohnen?

Nein, das ist nicht möglich. Die Baustelle ist zu laut, zu staubig, zu gefährlich. Es gibt keine Elektrik, keine Heizung, keine Wasserversorgung. Die meisten Bauherren ziehen in eine Mietwohnung, bei Verwandten oder in eine Ferienwohnung. Die Zwischenlösung kostet meist 800-1.500 Euro pro Monat - das musst du in die Gesamtkosten einrechnen.

Welche Fördermittel gibt es für eine Kernsanierung?

Die KfW bietet bis zu 60.000 Euro Zuschuss pro Wohneinheit, wenn das Haus den Effizienzhaus-Standard 40 erreicht. Dazu kommt ein zinsgünstiges Darlehen. Außerdem kannst du 20 % der Sanierungskosten über 10 Jahre von der Einkommensteuer absetzen. Bei denkmalgeschützten Häusern gibt es zusätzliche Förderungen vom Land oder der Stadt. Der Antrag muss vor Baubeginn gestellt werden - nicht danach.

Wie lange hält eine Kernsanierung?

Eine gut gemachte Kernsanierung hält mindestens 50-70 Jahre. Die neuen Fenster, die Dämmung, die Heizung - alles ist für eine lange Lebensdauer ausgelegt. Die tragenden Strukturen - Wände, Decken, Fundamente - sind oft noch 100 Jahre haltbar. Du investierst einmal - und hast danach ein Haus, das dich 60 Jahre lang kostengünstig und komfortabel versorgt.

Wird die Miete nach einer Kernsanierung erhöht?

Ja, das ist gesetzlich erlaubt. Der Vermieter kann die Miete um bis zu 11 % pro Jahr über 6 Jahre erhöhen - also maximal 66 % der Sanierungskosten. Das ist viel, aber nicht ungesetzlich. Mieter müssen aber vorher schriftlich informiert werden. Wenn du selbst wohnst, ist das kein Problem. Wenn du vermietest, solltest du die Mieterhöhung im Voraus planen - und nicht überraschen.