Wenn Sie in einem älteren Haus wohnen, könnte Ihr Holzboden, Ihre Deckenbalken oder die Türrahmen mit Gift behandelt sein - und Sie wissen es vielleicht nicht. Seit den 1950er Jahren wurden in Deutschland Millionen von Gebäuden mit Holzschutzmitteln behandelt, die heute als hochgiftig gelten. Die meisten Menschen denken, dass diese Mittel nur Schädlinge abwehren. Doch die Wahrheit ist anders: Sie schützen nicht das Holz - sie gefährden Sie.

Warum Holzschutzmittel im Innenraum fast immer unnötig sind

Holz braucht keinen chemischen Schutz, wenn es richtig verbaut ist. In einem gut belüfteten, trockenen Raum gibt es kaum Pilze oder Holzwürmer. Das ist kein Mythos - das ist Bauphysik. Die Luftfeuchtigkeit unter 70 % und eine konstante Temperatur halten Schädlinge fern. In den 1970er und 80er Jahren hat man das noch nicht gewusst. Damals wurde jedes Holzteil, egal ob Balken, Treppe oder Fensterbank, mit Chemie behandelt. Heute wissen wir: In 80 % der Fälle war das völlig überflüssig.

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) sagt klar: Chemische Holzschutzmittel gehören nicht in Wohnräume. Und das Umweltbundesamt fordert seit Jahren: „Konstruktiver Holzschutz vor chemischem Holzschutz.“ Das bedeutet: Bauen Sie so, dass das Holz trocken bleibt. Lüften Sie regelmäßig. Vermeiden Sie Feuchtigkeit an Wänden. Das ist die echte Lösung - und sie kostet nichts.

Was steckt wirklich in diesen Mitteln? PCP, Lindan, DDT

Nicht alle Holzschutzmittel sind gleich. Einige sind fast unsichtbar, aber extrem gefährlich. Die schlimmsten sind Pentachlorphenol (PCP), Lindan und DDT. PCP wurde als Holzimprägnierung verwendet, weil es gegen Pilze und Insekten stark wirkt. Doch es ist auch krebserregend, mutagen und schädigt das Nervensystem. Lindan, ein Insektizid aus der Gruppe der Chlororganika, wurde in Holzfenstern und Dachbalken verarbeitet. Beide Stoffe sind nicht abbaubar. Sie bleiben im Holz - und geben Jahrzehnte lang Gift ab.

Studien zeigen: In etwa jedem zweiten Haus in Deutschland, das vor 1990 gebaut wurde, sind diese Substanzen enthalten. Das Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) hat das nachgewiesen. Und es ist kein Ausreißer - das ist die Norm. In München, wo viele Altbauten stehen, sind die Belastungen besonders hoch. In einigen Fällen wurden im Hausstaub Konzentrationen von PCP gemessen, die 100-mal über dem gesundheitlichen Grenzwert lagen.

Was passiert, wenn Sie das einatmen? Es kommt nicht zu sofortigen Symptomen. Es ist ein langsames Gift. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche - viele Menschen denken, das sei Stress. Aber es könnte auch PCP sein. Prof. Dr. Thomas E. Göen von der TU Dortmund hat nachgewiesen: Schon 0,001 Milligramm PCP pro Kubikmeter Luft können gesundheitliche Beschwerden auslösen. Und in vielen Altbauten liegt die Konzentration bei 0,01 bis 0,05 mg/m³.

Warum Sanierungen das Problem verschlimmern

Viele Hausbesitzer denken: „Ich sanier mein Haus - das macht es sicherer.“ Doch oft ist es genau umgekehrt. Wenn Sie Dämmung einbauen, luftdicht machen oder Fußböden abschleifen, setzen Sie das Gift frei. Beim Abschleifen von Holzböden, die mit PCP behandelt sind, steigt die Luftbelastung innerhalb von Stunden um das Zehnfache. Ein Fall aus München aus dem Jahr 2021 zeigt das dramatisch: Nach einer energetischen Sanierung stieg die PCP-Konzentration von 0,005 auf 0,032 mg/m³. Die Bewohner litten unter chronischen Kopfschmerzen, Hautreizungen und Atembeschwerden. Die Ursache? Die Dämmung hatte den Luftaustausch reduziert - und das Gift blieb im Raum.

Das ist kein Einzelfall. Das Fraunhofer IBP schätzt, dass in Deutschland etwa drei Millionen Gebäude mit PCP oder Lindan belastet sind. Und wenn Sie jetzt sanieren, ohne zu wissen, was im Holz steckt, setzen Sie sich und Ihre Familie unnötig einem Risiko aus. Selbst wenn das Holz gut aussieht - es kann trotzdem giftig sein.

Transparenz-Darstellung: gesundes Holz neben unsichtbaren Giftwolken aus PCP und Lindan, die aus Holzbalken austreten, Familie im Hintergrund.

Wie erkennen Sie belastetes Holz?

Sie können es nicht sehen. Nicht riechen. Nicht fühlen. Die einzige sichere Methode ist eine Laboranalyse. Wenn Sie in einem Haus aus den 50er bis 80er Jahren wohnen, sollten Sie bei Verdacht auf Belastung eine professionelle Untersuchung in Betracht ziehen. Das Institut für Umweltmedizinische Forschung (IUF) und das Eurofins Umweltlabor in Stuttgart können PCP und Lindan in Konzentrationen ab 0,0001 mg/kg nachweisen - das ist ein Tausendstel eines Milligramms.

Die Analyse erfolgt über drei Wege: Luftproben, Hausstaubproben und Holzproben. Luftproben zeigen die aktuelle Belastung. Hausstaubproben zeigen, wie viel Gift sich im Laufe der Jahre angesammelt hat. Holzproben zeigen, ob das Material überhaupt behandelt wurde. Ein einfacher Test: Wenn das Holz eine grünliche oder bräunliche Verfärbung hat, besonders an Schnittstellen, könnte es mit PCP behandelt sein. Aber das ist kein sicheres Zeichen. Nur das Labor gibt Gewissheit.

Was tun, wenn Holz belastet ist?

Wenn Sie eine Belastung bestätigt haben, gibt es zwei Wege: Sanierung oder Abschirmung. Sanierung bedeutet: Das Holz wird entfernt und fachgerecht entsorgt. Das ist teuer und aufwendig. Aber es ist der einzige Weg, das Gift komplett zu beseitigen. Die Entsorgung erfolgt als Sondermüll - das kostet zwischen 50 und 150 Euro pro Quadratmeter, je nach Aufwand.

Die Alternative ist die Abschirmung. Dazu werden spezielle Barrieren aufgetragen, die das Ausgasen des Giftes verhindern. Das ist günstiger, aber kein Dauerlösung. Die Beschichtungen müssen regelmäßig kontrolliert und erneuert werden. Und sie funktionieren nur, wenn die Luftfeuchtigkeit im Raum stabil bleibt. Bei Feuchtigkeit können sie abblättern - und das Gift kommt wieder frei.

Bei allen Arbeiten an belastetem Holz sind strenge Schutzmaßnahmen nötig: Atemschutz der Klasse FFP3, geschlossene Schutzkleidung, Absauggeräte mit HEPA-Filtern. Kein Do-it-yourself. Das ist keine Heimwerkerarbeit - das ist ein professionelles Sanierungsprojekt. Die Berufsgenossenschaft für Bauwesen empfiehlt: „Nur zertifizierte Fachbetriebe dürfen mit belastetem Holz arbeiten.“

Die bessere Lösung: Heißluftverfahren und biocidefreie Alternativen

Es gibt eine Alternative, die wirkt - und nicht vergiftet. Das Heißluftverfahren. Dabei wird das Holz mit Temperaturen von über 60 Grad Celsius behandelt. Die Hitze tötet Pilzsporen und Insektenlarven ab - ohne Chemie. Das Verfahren ist vom Fraunhofer IBP empfohlen, trägt das Blaue Engel-Siegel (RAL-UZ 57) und ist sogar für Küchen und Lebensmittellager zugelassen. Nach der Behandlung ist das Haus sofort wieder bewohnbar. Keine Ausgasung. Keine Belastung. Kein Risiko.

Ein weiterer Vorteil: Es funktioniert auch bei verbautem Holz. Sie müssen nicht die Wände aufbrechen oder den Boden rausreißen. Die Heißluft wird durch spezielle Geräte in den Raum geleitet und dringt bis in die Holzfasern ein. Die Behandlung dauert 1-3 Tage, je nach Größe. Die Kosten liegen zwischen 20 und 40 Euro pro Quadratmeter - deutlich günstiger als eine vollständige Sanierung.

Und es gibt noch andere biocidefreie Lösungen: Borhaltige Präparate wie HM 1 von naturanum.de sind wasserlöslich, ungiftig für Menschen und wirksam gegen Pilze. Sie werden als Sprühlösung aufgetragen und dringen tief ins Holz ein. Sie sind lebensmittelecht - das heißt, sie können auch in Küchen oder Kinderzimmern verwendet werden. Der Marktanteil solcher Produkte ist von 15 % im Jahr 2015 auf 37 % im Jahr 2023 gestiegen. Die Zeiten ändern sich.

Fachleute in Schutzanzügen behandeln mit Heißluft belastetes Holz, Dampf steigt auf, Monitore zeigen Luftdaten, sterile Raumumgebung.

Was ist mit neuen Holzschutzmitteln heute?

In der EU sind PCP und Lindan seit 2009 verboten. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat die Zulassung für PCP 2021 endgültig entzogen. Heute gibt es keine legalen Produkte mehr, die diese Stoffe enthalten. Aber: Viele alte Gebäude sind noch belastet. Und neue Mittel? Sie sind meistens weniger giftig - aber nicht harmlos. Auch moderne Holzschutzmittel enthalten biocide Wirkstoffe, die in der Luft ausgasen können. Sie sind für Außenbereiche gedacht - nicht für Wohnräume.

Wenn Sie heute neues Holz verlegen oder sanieren, fragen Sie: „Ist das mit Chemie behandelt?“ Und wenn ja: „Warum?“ Oft ist die Antwort: „Das ist Standard.“ Aber es ist kein Standard, der Sie schützt. Es ist ein Standard, der aus der Vergangenheit stammt. Heute gibt es bessere Wege.

Was sollten Sie jetzt tun?

Wenn Sie in einem Haus aus den 50er bis 80er Jahren wohnen:

  1. Prüfen Sie, ob es jemals saniert oder renoviert wurde. Wenn ja, fragen Sie nach, ob Holz behandelt wurde.
  2. Beobachten Sie Ihre Gesundheit: Haben Sie unerklärliche Kopfschmerzen, Müdigkeit, Atembeschwerden? Das könnte ein Hinweis sein.
  3. Wenn Sie sanieren wollen: Lassen Sie das Holz vorher testen. Nicht nachher.
  4. Verwenden Sie niemals Heißluft, Schleifmaschinen oder Sägen ohne Schutzmaßnahmen an altem Holz.
  5. Setzen Sie auf biocidefreie Lösungen: Heißluft, borhaltige Präparate, konstruktiver Holzschutz.

Die gute Nachricht: Sie können etwas tun. Sie müssen nicht akzeptieren, dass Ihr Zuhause giftig ist. Die Technik existiert. Die Alternativen sind da. Es geht nicht um Angst - es geht um Wissen. Und mit Wissen können Sie Ihr Zuhause sicher machen - ohne Gift.

Die Zukunft: Ein bundesweites Sanierungsprogramm

Die Bundesregierung hat 2024 ein Sanierungsprogramm mit 150 Millionen Euro für den Zeitraum 2024-2027 gestartet. Ziel: Kontaminierte Gebäude in Deutschland sicherer machen. Das ist ein erster Schritt. Aber es wird Jahrzehnte dauern, bis alle belasteten Häuser saniert sind. PCP und Lindan haben eine Halbwertszeit von bis zu 50 Jahren. Das heißt: Selbst wenn wir heute aufhören, sie zu verwenden, werden sie noch bis 2070 in unseren Häusern sein.

Die Forschung geht weiter. Die Fraunhofer-Gesellschaft testet aktuell neue Methoden, die Schadstoffe im Holz binden - ohne es zu entfernen. In 120 Gebäuden in Nordrhein-Westfalen wird eine Art „chemische Absorptionsbeschichtung“ erprobt. Sie könnte die Sanierungskosten in Zukunft drastisch senken. Aber bis das flächendeckend verfügbar ist, bleibt es Ihre Verantwortung: Informieren. Testen. Handeln.

Ist Holzschutzmittel im Innenraum heute noch erlaubt?

Nein. In der EU sind die giftigsten Holzschutzmittel wie PCP und Lindan seit 2009 bis 2021 vollständig verboten. Moderne Mittel dürfen nur noch für Außenbereiche verwendet werden. Im Innenraum ist der Einsatz von chemischen Holzschutzmitteln nicht nur unerwünscht - er ist oft rechtswidrig, wenn er nicht durch baurechtliche Vorgaben (z. B. DIN 68800) explizit vorgeschrieben ist.

Wie erkenne ich, ob mein Holz mit PCP behandelt ist?

Sie können es nicht mit dem Auge erkennen. PCP-haltiges Holz hat manchmal eine dunkelbraune oder grünliche Verfärbung, besonders an Schnittstellen oder Kanten. Aber das ist kein sicheres Zeichen. Der einzige verlässliche Weg ist eine Laboranalyse: Luft-, Hausstaub- oder Holzproben werden in einem zertifizierten Labor wie Eurofins in Stuttgart untersucht. Der Nachweis erfolgt ab 0,0001 mg/kg.

Kann ich belastetes Holz selbst abschleifen oder entfernen?

Nein. Das ist extrem gefährlich. Beim Abschleifen, Sägen oder Bohren wird das Gift in Form von Staub und Partikeln freigesetzt. Sie atmen es ein, es setzt sich auf Möbeln und im Boden ab. Selbst kleine Mengen können langfristig gesundheitliche Schäden verursachen. Nur zertifizierte Fachbetriebe mit FFP3-Schutz, HEPA-Absaugung und speziellen Schutzkleidern dürfen das tun.

Was ist das Heißluftverfahren und ist es wirklich sicher?

Beim Heißluftverfahren wird das Holz mit Temperaturen über 60 °C behandelt, um Pilze und Insekten abzutöten - ohne Chemie. Es ist vom Fraunhofer IBP empfohlen, trägt das Blaue Engel-Siegel und ist für Kinderzimmer und Küchen zugelassen. Nach der Behandlung ist das Haus sofort bewohnbar. Es gibt keine Ausgasung, keine Rückstände. Es ist die sicherste und nachhaltigste Methode für bestehendes Holz im Innenraum.

Warum ist chemischer Holzschutz im Innenraum so gefährlich, wenn er doch nur Schädlinge bekämpfen soll?

Weil die Schädlinge nicht die Gefahr sind - Sie sind es. Chemische Holzschutzmittel geben Jahrzehnte lang Giftstoffe ab, die in die Raumluft und den Hausstaub gelangen. Sie werden eingeatmet, über die Haut aufgenommen und reichern sich im Körper an. Das Umweltbundesamt sagt klar: Die Wirkstoffe schützen nicht das Holz - sie schädigen die Bewohner. Der Schutz von Holz ist ein technisches Problem. Der Schutz von Menschen ist ein gesundheitliches Recht.