Ein Immobilienwert, der nicht stimmt, kann Sie viel Geld kosten. Wenn das Finanzamt Ihren Haus- oder Wohnungspreis zu hoch ansetzt, zahlen Sie mehr Grundsteuer, möglicherweise auch mehr Grunderwerbsteuer oder Erbschaftsteuer. Und das, obwohl der tatsächliche Marktwert deutlich niedriger liegt. Viele Eigentümer akzeptieren das - doch das muss nicht sein. Mit einem richtigen Gegengutachten und dem richtigen Vorgehen können Sie einen falschen Immobilienwert erfolgreich anfechten.
Warum wird ein Immobilienwert oft zu hoch angesetzt?
Das Finanzamt nutzt meist das Sachwertverfahren, um Immobilien zu bewerten. Dabei wird der Bodenrichtwert mit dem Gebäuderealwert addiert. Klingt simpel - ist es aber nicht. Der Bodenrichtwert stammt aus einer landesweiten Datenbank, die nicht immer die lokale Realität trifft. Ein Grundstück am Hang, mit schlechter Erschließung oder in einer ruhigen Nebenstraße kann trotzdem den Bodenrichtwert einer viel begehrteren Lage bekommen. Das Gebäude selbst wird oft pauschal bewertet: Alter, Zustand, Ausstattung - all das fließt nur grob ein. Ein modernisiertes Bad oder eine neue Heizung wird nicht immer als Wertsteigerung erkannt. Und wenn die Immobilie nicht vermietet wird, wird der Wert oft nach einem hypothetischen Mietniveau berechnet, das in der Realität nie erzielbar wäre.Was brauchen Sie, um ein Gutachten erfolgreich anzufechten?
Es gibt eine klare, harte Regel: Der vom Finanzamt festgelegte Wert muss mindestens 40 Prozent über dem tatsächlichen Verkehrswert liegen, damit eine Anfechtung Aussicht auf Erfolg hat. Das steht nicht in irgendeinem Gesetz, sondern in den internen Erlässen der Finanzverwaltung. Wer das nicht weiß, scheitert vorher. Sie brauchen also keinen Ärger, sondern einen Nachweis. Und dieser Nachweis muss in Form eines Gegengutachtens vorliegen. Ein solches Gutachten darf nicht von jedem erstellt werden. Es muss von einem staatlich bestellten oder zertifizierten Sachverständigen stammen. Das bedeutet: Entweder ist der Gutachter öffentlich bestellt und vereidigt (öbuv) - das steht auf seiner Visitenkarte - oder er hat eine Zertifizierung nach DIN EN ISO/IEC 17024. Diese Zertifizierung wird von unabhängigen Prüfstellen vergeben und garantiert, dass der Gutachter nach einheitlichen, fachlich fundierten Regeln arbeitet. Ein Architekt, der nebenbei eine Schätzung macht, oder ein Makler, der sein eigenes Angebot als Wertgutachten ausgibt - das zählt nicht. Die Finanzbehörden akzeptieren das nicht. Und vor Gericht erst recht nicht.Wie viel kostet ein richtiges Gegengutachten?
Ein qualifiziertes Gegengutachten kostet zwischen 1.000 und 2.500 Euro, je nach Größe und Komplexität der Immobilie. Das klingt viel - ist es aber oft nicht. Wenn Ihr Grundsteuerbescheid um 300 Euro pro Jahr zu hoch ist, amortisiert sich das Gutachten in drei Jahren. Und wenn der Wert um 200.000 Euro korrigiert wird, sparen Sie auf Dauer Tausende. Wichtig: Prüfen Sie vor der Beauftragung, ob der Gutachter tatsächlich zertifiziert ist. Fraglich ist, ob er auch Erfahrung mit Anfechtungen hat. Ein Gutachter, der nur für Banken oder Käufer arbeitet, kennt die Anforderungen der Finanzämter vielleicht nicht.
Was muss ein gerichtsfestes Gutachten enthalten?
Ein Gutachten, das vor Gericht bestehen soll, muss mehr als nur einen Preis nennen. Es muss nachvollziehbar sein. Das bedeutet: Es muss zeigen, welche Vergleichsobjekte herangezogen wurden, wo sie liegen, wie sie ausgestattet sind und zu welchem Preis sie verkauft wurden. Es muss erklären, warum das Sachwertverfahren nicht angemessen ist - oder warum es falsch angewendet wurde. Es muss die Mikrolage (Nahversorgung, Verkehrsanbindung, Lärm) und die Makrolage (regionale Entwicklung, Zinsen, Bauaktivität) berücksichtigen. Und es muss die tatsächliche Nutzung der Immobilie einbeziehen. Wenn Sie selbst wohnen, darf das Finanzamt nicht einfach eine Miete unterstellen, die in Ihrer Straße niemand zahlt. Ein wichtiger Punkt: Ein Verkehrswertgutachten prüft nicht den inneren Zustand der Immobilie. Kein Gutachter muss Bohrungen machen, um den Dachstuhl zu prüfen. Er bewertet, was man von außen sieht. Das ist wichtig. Wenn Sie ein Gutachten anfechten, weil das Dach undicht ist, aber der Gutachter das nicht erkennen konnte, weil es unter Schnee lag - dann haben Sie keine Chance. Sie müssen den Wert anhand des äußeren Eindrucks bewerten. Das ist die Rechtslage - und das hat der Bundesgerichtshof 2013 klargestellt.So gehen Sie vor: Schritt für Schritt
- Prüfen Sie den Bescheid: Schauen Sie genau, wie der Wert zustande kam. Ist der Bodenrichtwert realistisch? Ist die hypothetische Miete übertrieben? Gibt es offensichtliche Fehler, wie eine falsche Wohnfläche oder ein falsches Baujahr?
- Suchen Sie den Kontakt: Sprechen Sie mit dem Gutachter, der das Originalgutachten erstellt hat. Oft liegt ein Missverständnis vor. Vielleicht hat er einen falschen Vergleichsobjekt genommen. Ein Gespräch kann schon helfen - ohne Kosten, ohne Stress.
- Beschaffen Sie ein Gegengutachten: Wenn das Gespräch nichts bringt, beauftragen Sie einen zertifizierten Sachverständigen. Stellen Sie sicher, dass er explizit ein Verkehrswertgutachten erstellt, das für die Anfechtung des Grundsteuerbescheids geeignet ist.
- Reichen Sie das Gutachten ein: Senden Sie es zusammen mit Ihrem Anfechtungsschreiben an das Finanzamt. Fassen Sie Ihre Argumente kurz und klar zusammen. Legen Sie das Gutachten bei. Keine langen Texte - nur Fakten und Belege.
- Warten Sie auf Antwort: Das Finanzamt prüft. Es kann sich einigen, es kann ablehnen - oder es kann einen neuen Gutachter bestellen. In 18,7 Prozent der Fälle in Sachsen zwischen 2022 und 2023 wurde der Wert korrigiert, weil ein qualifiziertes Gegengutachten vorgelegt wurde.
Was passiert, wenn das Finanzamt ablehnt?
Wenn das Finanzamt Ihr Gegengutachten nicht akzeptiert, können Sie Klage beim Finanzgericht einreichen. Das ist nicht der nächste Schritt - es ist der letzte. Aber es ist möglich. Und es ist oft notwendig. In diesen Fällen entscheidet nicht der Gutachter, sondern der Richter. Und der Richter entscheidet, welches Gutachten glaubwürdiger ist. Deshalb ist es so wichtig, dass Ihr Gutachter nicht nur gut ist - sondern auch weiß, wie er vor Gericht auftritt. Einige Gutachter arbeiten regelmäßig mit Anwälten zusammen, die auf Steuerrecht spezialisiert sind. Das ist kein Nachteil - das ist ein Vorteil.Was passiert, wenn Sie es falsch machen?
Viele scheitern, weil sie denken, ein simples Angebot von einem Makler reicht. Oder weil sie ein Gutachten von jemandem nehmen, der „im Baugewerbe“ tätig ist. Das ist kein Sachverständiger. Das ist kein zertifizierter Gutachter. Das ist kein Beweis. Und das Finanzamt lehnt das ab - ohne Diskussion. Dann haben Sie Geld ausgegeben - und nichts erreicht. Manche versuchen, mit alten Verkaufspreisen zu argumentieren - aber ein Verkauf vor fünf Jahren ist kein aktueller Wert. Die Preise sind gestiegen. Oder gesunken. Und das muss berücksichtigt werden.Wie sieht die Zukunft aus?
Seit 2021 gibt es in vielen Bundesländern digitale Bodenrichtwertkarten. Das macht die Grundlage für die Bewertung transparenter. Eigentümer können selbst sehen, welcher Wert für ihre Straße gilt. Das reduziert Missverständnisse. Gleichzeitig steigt die Komplexität: Die Grundsteuerreform hat die Bewertungsregeln verändert, und viele Eigentümer sind überfordert. Der Bundesverband deutscher Volks- und Betriebswirte rechnet mit einem Anstieg der Anfechtungen um 32 Prozent im Jahr 2023. Die Bundesregierung plant für 2025 eine Überarbeitung der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV). Ziel: weniger Streit, mehr Einheitlichkeit. Bis dahin bleibt Ihnen aber nur eines: Sich richtig informieren. Und wenn es nötig ist, einen echten Experten hinzuziehen.Kann ich ein Gutachten anfechten, wenn ich es nicht verstehe?
Nein. Sie können ein Gutachten nur dann anfechten, wenn Sie nachweisen können, dass der berechnete Wert deutlich vom tatsächlichen Marktwert abweicht - und zwar um mindestens 40 Prozent. Ein schlechtes Verständnis des Gutachtens reicht nicht. Sie brauchen einen sachlichen Nachweis, meist in Form eines zertifizierten Gegengutachtens.
Wie lange dauert es, bis eine Anfechtung bearbeitet wird?
Das Finanzamt hat in der Regel drei Monate Zeit, auf Ihre Anfechtung zu antworten. In komplizierten Fällen kann es länger dauern. Wenn Sie Klage beim Finanzgericht einreichen, dauert der Prozess oft ein bis zwei Jahre. Geduld ist wichtig - aber die Kosten einer falschen Bewertung steigen mit jedem Jahr.
Ist ein Gegengutachten auch für Vermieter sinnvoll?
Ja, besonders. Vermieter zahlen Grundsteuer auf den Wert ihrer Immobilie - und oft wird der Wert anhand einer hypothetischen Miete berechnet. Wenn die Miete, die das Finanzamt annimmt, höher ist als die, die Sie tatsächlich erhalten, ist das ein klarer Anlass zur Anfechtung. Ein Gegengutachten, das die tatsächliche Mietentwicklung zeigt, kann hier viel sparen.
Was passiert, wenn ich das Gegengutachten nicht rechtzeitig einreiche?
Sie haben nur einen Monat Zeit, nach Erhalt des Bescheids eine Anfechtung einzureichen. Wenn das Gegengutachten später kommt, kann das Finanzamt es trotzdem berücksichtigen - aber nur, wenn es vor der endgültigen Entscheidung vorliegt. Je früher, desto besser. Warten Sie nicht bis zum letzten Tag.
Kann ich ein Gutachten anfechten, wenn ich die Immobilie vor kurzem gekauft habe?
Ja. Der Kaufpreis ist ein starker Indikator für den Verkehrswert. Wenn Sie die Immobilie vor einem Jahr für 400.000 Euro gekauft haben, aber das Finanzamt 600.000 Euro ansetzt, liegt ein klarer Widerspruch vor. Ein Kaufvertrag mit Bezahlungsbelegen ist ein sehr starker Beweis - oft stärker als ein Gutachten.
Kommentare
Claudia Fischer
Oktober 29, 2025Wieso soll ich 2000 Euro ausgeben, nur weil das Finanzamt mal wieder zu viel will? Ich hab doch nicht so viel Geld rumliegen, um Steuern zu streiten.
Ann-Jorunn Aune
Oktober 30, 2025Das ist doch alles eine Geldwäsche-Operation der Finanzbehörden! Die nutzen die Bodenrichtwert-Datenbank, um uns alle zu überwachen und die Immobilienpreise künstlich hochzutreiben. Wer hat die Daten kontrolliert? Wer steckt dahinter? Ich hab’s gewusst!
Ninke Kruger
Oktober 30, 2025Wer kein Deutsch kann, sollte sich nicht anfechten. 'Verkehrswert' ist kein Wort für Leute, die nicht mal 'Sachwertverfahren' richtig schreiben. Und wer glaubt, ein Makler reicht? Das ist wie einen Arzt mit einem Heilpraktiker zu ersetzen. Unglaublich.
Sina Rohde
Oktober 31, 2025Ich hab das alles gelesen, und ich find’s echt wichtig, dass man da nicht einfach so drauflosschreibt, sondern wirklich einen zertifizierten Sachverständigen nimmt, weil sonst alles, was man macht, am Ende nur Zeit und Geld verschwendet, und dann noch nervt, weil man sich mit dem Finanzamt rumstreiten muss, und das ist ja nicht nur stressig, sondern auch teuer, und manchmal fühlt man sich einfach wie ein kleiner Mann gegen einen riesigen Apparat, und das ist echt frustrierend, aber wenn man es richtig macht, kann man wirklich sparen, und das ist doch das Wichtigste, oder?
Leonie Heinzman
Oktober 31, 2025Ich hab letztes Jahr genau das gemacht und das Finanzamt hat den Wert um 150k runtergesetzt 😍 Danke für den Artikel, hat mir echt geholfen, ich hab das Gutachten bei meinem Nachbarn gesehen, der ist Architekt, aber der hat nicht die Zertifizierung, also hab ich mich dann doch für den richtigen Typen entschieden, der war teuer aber es hat sich gelohnt 💪
David Melvin
Oktober 31, 2025Die 40-Prozent-Regel ist ein Mythos. Die Finanzämter haben keine klare Richtlinie, das ist nur eine interne Empfehlung, die nicht mal bundesweit einheitlich angewendet wird. In Bayern ist es 35%, in Hamburg 45%. Wer das nicht weiß, verliert vor Gericht. Ich hab’s selbst erlebt.
Rolf Bittner
November 1, 2025Deutschland ist ein Land der Bürokratie, nicht der Gerechtigkeit. Wer sein Eigenheim besitzt, wird bestohlen. Die Finanzämter sind eine Besatzungsmacht. Und jetzt soll man noch 2500 Euro für einen Gutachter ausgeben? Die sollen doch erstmal ihre eigenen Zahlen überprüfen. Wir zahlen schon genug Steuern. Das ist kein Recht, das ist Erpressung.
Marie-Lynn Crausaz
November 3, 2025Ich hab das in der Schweiz auch gemacht – und es hat funktioniert! Der Gutachter war super, hat mir erklärt, wie man die Vergleichsobjekte findet, und das Finanzamt hat sofort nachgegeben. Ihr müsst das machen, es lohnt sich wirklich. Und wenn ihr euch unsicher seid, fragt einfach – ich helfe euch gerne!
Klaus Kasparbauer
November 4, 2025Das ist der beste Artikel, den ich je gelesen hab 😊👍 Ich hab’s genau so gemacht – und jetzt zahle ich 400€ weniger Grundsteuer pro Jahr! Wer das nicht versucht, der hat’s nicht verdient. Habt ihr Fragen? Schreibt mir, ich bin immer für einen Kaffee da ☕️
Bernd Scholkemper
November 4, 2025Es ist wichtig, zwischen juristischer Realität und praktischer Umsetzung zu unterscheiden. Viele Gutachter haben zwar die Zertifizierung, aber keine Erfahrung mit Anfechtungsverfahren. Ich empfehle, vor der Beauftragung nachzufragen, ob der Gutachter schon vor Finanzgerichten ausgesagt hat. Das ist der entscheidende Faktor – nicht der Preis.
Carsten Nelk
November 5, 2025Ich hab 2020 ein Gegengutachten in Auftrag gegeben – und es wurde ignoriert. Das Finanzamt hat einen neuen Gutachter bestellt, der dann den Wert noch höher angesetzt hat. Jetzt zahle ich mehr als vorher. Wer sagt, dass das funktioniert, lügt. Das System ist korrupt.
Koen Ellender
November 5, 2025Was ist eigentlich mit der moralischen Verantwortung? Wenn jemand ein Haus für 500.000 Euro kauft, aber das Finanzamt 700.000 Euro annimmt – wer trägt dann die Last? Nicht der Staat. Nicht der Makler. Sondern der Einzelne. Und wir reden hier nicht über Steuern – wir reden über das Recht, in Frieden zu leben, ohne von einem System gequält zu werden, das keine Empathie kennt.
Franz Seguiel
November 6, 2025Vielen Dank für diese klare und fundierte Darstellung. Ich möchte ergänzen: Wer ein Gegengutachten in Auftrag gibt, sollte unbedingt eine Kopie des Originalgutachtens beifügen – das erleichtert die Prüfung enorm. Außerdem: Immer die Aktennummer und den Bescheiddatum korrekt angeben. Kleine Fehler führen zu unnötigen Verzögerungen. Und: Nicht verzweifeln. Viele Fälle werden erfolgreich abgeschlossen – wenn man geduldig und präzise vorgeht.
Aisling Doyle
November 6, 2025Ich hab das letzte Jahr verloren. Meine Mutter ist gestorben, ich hab das Haus geerbt, das Finanzamt hat 1,2 Mio angesetzt – obwohl ich es für 700.000 gekauft hatte. Ich hab ein Gutachten gemacht. Sie haben es abgelehnt. Dann hab ich Klage eingereicht. Drei Jahre später – und ich hab immer noch nicht die Steuern bezahlt. Meine Tochter hat jetzt ihren Abschluss gemacht – und ich hab kein Geld für ihre Hochzeit. Das ist kein Rechtssystem. Das ist eine Tragödie.
Odette Tobin
November 7, 2025Ich hab ein Gutachten gemacht und es war super einfach. Ich hab den Preis von meiner Nachbarin genommen, die hat auch so ein Haus. Sie hat vor zwei Jahren 500.000 gezahlt. Also hab ich gesagt, das ist mein Wert. Und sie haben’s akzeptiert. Kein Problem.
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